Vor ein paar Wochen ging auf Instagram ein Trend um: Ein Mitmach-Story-Sticker mit dem Titel „Quickly name 5 topics you can talk about for 30 minutes.“ Also: Nenne schnell fünf Themen, über die du jeweils für 30 Minuten sprechen könntest. Natürlich habe ich auch mitgemacht! (Zu meinen Themen gehörten zum Beispiel, mit welchem Final Fantasy-Job man starten sollte, wie man eine Content-Strategie baut und warum man Passion Projects haben sollte.) Ich habe darunter geschrieben, dass dies übrigens eine coole Übung ist, um Workshop-Themen zu finden.
Doch hier muss ich mich selbst korrigieren. Dieser Story-Sticker ist natürlich eine witzige Sache, um sich selbst besser kennenzulernen und herauszufinden, was einem spontan einfällt. Auch ist es spannend zu sehen, was andere Leute antworten. Aber ich glaube, viele denken fälschlicherweise, dass sie über ganz viele Themen keine 30 Minuten reden könnten und deswegen keinen Workshop dazu halten könnten.
Missverständnis: Workshop vs. Vortrag
Ein häufiges Missverständnis ist, dass man bei einem Workshop selbst die ganze Zeit aktiv sein und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer „unterhalten“ muss. Doch das ist nicht der Fall. Es ist wichtig, zwischen einem Vortrag und einem Workshop zu unterscheiden. Beide Formate haben unterschiedliche Ziele und eignen sich für verschiedene Situationen besser oder schlechter.
In einem Workshop geht es nicht darum, möglichst viel vom eigenen Wissen mit den Teilnehmenden zu teilen. Im Gegenteil: Es geht darum, die TN zu aktivieren und selbst ins Handeln zu bringen! Das kann eine physische Aktivität sein – wie das Formen einer Tasse aus Ton – oder etwas Mentales – wie das Entwickeln einer Idee oder Strategie.
Der Job des Workshop-Leiters
Unser Job als Dozent:innen ist es also, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Bewegung zu bringen. Das erreichen wir nicht durch endloses Reden, sondern durch gezielte Anleitung. Natürlich müssen wir sprechen oder mal was erklären, aber wir müssen nicht 30 Minuten am Stück reden. Lange Redeteile sollten eher Unterrichtsgespräche sein, bei denen sich alle beteiligen können.
Das Ziel des Workshops
Wenn man eine Idee für ein Workshop-Thema hat und unsicher ist, ob man darüber 30 Minuten am Stück reden kann, ist das nicht schlimm.
Wichtiger ist die Frage: Was soll das Ziel des Workshops sein? Was ist das Ergebnis? Aus der Frage nach dem Ergebnis leitet man dann die verschiedenen Lernziele ab, die das Grundgerüst für die Workshopkonzeption bilden.
Thema für 30 Min Vortrag | Thema für 1,5h Workshop | |
Beispiel: Webentwickler | Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt nächstes Jahr in Kraft: Das musst du über barrierefreies Webdesign wissen. | Wie barrierefrei ist deine Website? Wir checken gemeinsam die 6 wichtigsten Aspekte des barrierefreien Webdesigns inkl. Handlungsempfehlungen |
Beispiel: Ernährungsberaterin | Die meisten Leute konzentrieren sich nur auf Fett und Zucker; dabei sollten wir viel mehr darauf achten, genug Proteine zu uns zu nehmen! | So berechnest du deinen individuellen Proteinbedarf und erstellst eine Liste mit Proteinquellen, die du in den nächsten Wochen in deine Ernährung integrierst. |
Beispiel: Zeitmanagement–Coach | Zeitmanagement für Mamas: Die besten Tipps | Gemeinsam tauschen wir uns über unsere Erfahrungen aus, welche Zeitspar-Hacks sich im Mama-Alltag bewährt haben – und welche nicht. Wir erstellen eine Liste mit Methoden, Apps und anderen Ressourcen. |
Seht ihr den Unterschied?
Persönliche Präferenzen berücksichtigen
Wenn man Vorträge nicht mag, kann man Workshops so gestalten, dass sie möglichst wenig vortragsähnlichen Input enthalten. Wenn man hingegen Vorträge liebt, kann man überlegen, wie man diese in sein Angebot integrieren kann. Beides ist vollkommen in Ordnung – es kommt auf die persönliche Präferenz an. Hauptsache, man verkauft nicht einen Workshop als Vortrag und andersherum 😉
Fazit
Das waren meine Gedanken zu dem Instagram-Trend „Nenne fünf Themen“. Vielleicht sollte ich meinen eigenen Story-Sticker starten: „Nenne fünf Ziele, die du mit deinem Workshop erreichen kannst“?!
Zusammengefasst: Ein guter Workshop lebt nicht davon, dass die leitende Person endlos redet. Vielmehr geht es darum, die Teilnehmenden zu aktivieren und ihnen dabei zu helfen, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Also keine Sorge – auch wenn du denkst, du könntest nicht lange genug über ein Thema reden: Mit dem richtigen Ziel vor Augen wird aus deinem Thema ein toller Workshop!