Stell dir vor, du betreibst ein Reisebüro ( – alle Gen Z People so: ein was?? – ) und ein neuer Kunde kommt rein. Er nimmt auf dem Stuhl vor deinem Schreibtisch Platz und sagt: „Ich möchte gerne eine Reise nach Lloret de Mar für Mai buchen.“
Was machst du dann? Suchst du ihm sofort Hotels und Flüge nach Lloret raus, oder beginnst du erstmal ein Beratungsgespräch?
Wenn du dich für letzteres entscheidest, könnte passieren, dass…
- … sich herausstellt, dass der Kunde gerne Urlaub am Sandstrand machen will (leider gibt’s in Lloret nur Kiesstrände)
- … der Kunde nach Spanien reisen will, da er einen Spanisch-Kurs an der VHS besucht hat (leider liegt Lloret in Katalonien inkl. eigener Sprache)
- … der Reisezeitraum sich mit den Wochen überschneidet, in denen das Städtchen von besoffenen Abiturient:innen bevölkert wird (ein entspannter Urlaub wird das nicht…)
Worauf ich mit dieser Metapher hinauswill: Deine Auftraggeber:innen wissen nicht immer, was sie brauchen. Deshalb kannst du ihrem Briefing nicht vertrauen.
Ich hab diese Lektion auf die harte Tour gelernt. So hatte ich eine Kundin, die meinte, sie und ihre Kollegin hätten schon Social-Media-Vorkenntnisse und ich solle bitte nicht bei Adam und Eva anfangen. Turns out, sie hatte absolut keine Ahnung und ich musste dann spontan das Workshopkonzept umschmeißen, weil aus den geplanten 15 Minuten für die Besprechung des Audits (mehr über Audits als 1A Upsell ein andermal) eine 1,5h lange Instagram-Basics-was-ist-eigentlich-ein-Reel-und-was-passiert-wenn-ich-auf-diesen-Button-drücke-Schulung wurde.
Was kannst du nun machen, um ein gutes und zuverlässiges Briefing zu erhalten, wenn jemand mit einer Workshopanfrage auf dich zukommt?
1. Finde heraus, ob die Person selber Ahnung vom Thema hat oder nur mit Organisation des Workshops betraut ist. Wenn letzteres: stimme gerne schonmal Termine, Eckdaten etc ab – aber bestehe darauf, das inhaltliche Vorgespräch mit einer Person zu führen, die mit dem Thema vertraut ist.
2. Diagnostiziere! Das ist dein Job. So wie du im Reisebürobeispiel erstmal den Kunden nach dem Eckdaten seines Wunschurlaubs befragen würdest (Budget, Zeitraum, Aktivitäten, Klima, …), musst du auch deine Kund:innen befragen. Vielleicht kommen sie schon mit einer Diagnose („Wir brauchen einen Fotografie-Workshop!“), weil sie selber ihr vermeintliches Problem identifiziert haben („Unser Instagram-Account wächst nicht, weil unsere Fotos nicht gut genug sind“). Durch deine Fragen oder Analyse deckst aber das wahre Problem auf (Sie posten nur alle vier Wochen was auf Insta und wenn dann uninteressante Themen) und kannst ihnen dann eine passendere Lösung zum wahren Problem anbieten. (Übrigens, ein gutes Buch über Diagnose ist Win without Pitching)
3. Hol dir die Infos, die du brauchst. Manchmal stellt man bei der Diagnose ein paar Fragen, die das Gegenüber nicht direkt beantworten kann. Es zeugt von Professionalität, dann darauf zu bestehen, diese Infos zu kriegen, bevor man den Auftrag zusagt oder ein Angebot abgibt. Siehe Punkt 1 – vielleicht braucht es dazu ein zweites Telefonat. Oder der Auftraggeber beauftragt dich vor dem Workshop erstmal mit einer Analyse oder Untersuchung.
Nur mit ausreichend Infos kannst du ein Workshop-Konzept entwickeln, das wirklich das Ziel erreicht. Folgst du nur einem oberflächlichen Briefing („ein Ticket nach Lloret, bitte“) kann am Ende ein falscher Workshop bei rauskommen.
Denk dran, dass DU die Expertin/der Experte bist. Du kannst dem Kunden im Reisebüro Reiseziele empfehlen, die er noch gar nicht kannte, und deshalb nicht hätte ‚verlangen‘ können. Wenn er auf deine Expertise hört, sitzt er dann Cocktails schlürfend am Sandstrand Playa Rincón (Dominikanische Republik) und ist happy.
Übrigens, eine andere Methode, das Briefing-Problem zu umgehen ist das Anbieten eigener „Signature-Workshops“. Dazu ein andernmal mehr.
Bis dann! Katrin