Ich fang die Mail heute an wie einen schlechten Witz: Geht ein Mann in ein Restaurant..
Oder, anders: stell dir vor, du gehst in ein Restaurant, und es gibt kein Menü. Keine Speisekarte. Kein vordefiniertes Angebot. Durch den Namen konntest du vielleicht darauf schließen, dass es dort italienische Speisen gibt, oder Asiatisch, oder gut bürgerliche Hausmannskost.
Der Kellner guckt dich erwartungsvoll an und fragt: „Was hätten Sie denn gerne?“ Du kannst dir jetzt einfach was wünschen. Aber eine Karte gibt es nicht.
Klingt bescheuert und in der Realität total unpraktisch, oder?
Das Restaurant müsste ja alle möglichen Zutaten auf Lager haben und alle möglichen Rezepte kennen oder ad hoc zusammenstellen können. Das Restaurant würde wahrscheinlich dauernd langweilige Standardgerichte kochen (eine Pizza Salami und eine Spaghetti Bolognese, bitteschön) oder Kund:innen enttäuschen (tut mir Leid, wir können leider keine Pizza mit Kaviar belegen und Dinonuggets für Ihr Kind bieten wir leider auch nicht an.)
Indem das Restaurant eine Karte anbietet, kann es den Restaurantbesucher:innen Vorschläge für Menüs machen und gleichzeitig eigene Akzente setzen (z.B. mit einer speziellen Spargelkarte, wenn Spargel gerade Saison ist). Für die Besucher:innen ist es ein Service, weil sie stöbern können und eine Auswahl treffen, statt ad hoc ihr Abendessen aus dem Ärmel zu schütteln.
Mit der Karte gibt das Restaurant die Begrenzung und sagt: das bieten wir an – und das nicht.
Dieses Vorgehen macht nicht nur bei Restaurants total Sinn, sondern auch bei Workshops. Doch noch viel zu wenig Workshopgebende erstellen ihr „Workshop-Menü“.
Auf Websites lese ich dann häufig nur: Ich mache Workshops zu [Thema hier einfügen] – kontaktieren Sie mich bei Interesse!
Zunächst einmal lässt man sich da schon Aufträge durch die Lappen gehen. Denn nicht jede:r Interessent:in ist so weit, schon direkt ein Gespräch zu vereinbaren, sondern will erstmal nur stöbern. Und zum anderen: Kund:innen wissen oft nicht, was sie genau wollen. Indem wir ihnen das Menü geben (wie im Restaurant-Beispiel oben) können sie sich viel besser orientieren.
Im älteren Newsletter über Briefings haben wir ja bereits darüber gesprochen, dass Kund:innen oft gar nicht genau wissen, was sie brauchen oder wollen. Statt dass jedes Mal in einem Vorgespräch aus ihnen herauszukitzeln, können wir das in unseren Marketing- und Verkaufsmaterialien schon erleichtern.
Du denkst jetzt vielleicht: Aber die Kund:innen wollen doch einen auf sie zugeschnittenen Workshop, nicht etwas von der Stange!
Den Gedanken kann ich nachvollziehen, aber lass mich aus der Erfahrung sagen: Den Kund:innen ist wichtig, dass sie das Ziel erreichen. Wenn sie zum Beispiel wollen, dass…
… ihr Team in der Software geschult wird
… eine neue Strategie entwickelt wird
… die Marketingabteilung auf dem neuesten Stand ist, welche TikTok-Trends gerade umgehen
und du ihnen versichern kannst, dass du dazu ein *erprobtes* Workshopkonzept hast, dann sind sie beruhigt. Auf die individuellen Besonderheiten der Zielgruppe und Branche kannst du ja eh eingehen.
Wenn ein Ansprechpartner zu dir kommt und sagt „Wir hätten gerne eine dreistündige Schulung zu Software ABC“, du aber antwortest „Tut mir Leid, drei Stunden sind zu kurz für die vollständige Schulung. Die umfasst bei mir 5 Stunden. Ich kann Ihnen aber alternativ den ABC-Crashkurs anbieten. Der enthält x,y und z, nicht aber die Funktionen o und p.“ Was denkt ihr, was das ausstrahlt? Expertise. Erfahrung. Authorität. Zack, Boom! 💣
By the way, ich wünschte, ich hätte das eher gewusst. Jahrelang habe ich diesen Fehler gemacht. Bei jeder Anfrage habe ich mir ein individuelles Konzept aus der Nase gezogen. Wie viel Stunden an Konzeptionsaufwand da reingeflossen sind… Ich will es gar nicht wissen. Klar, irgendwann habe ich gemerkt, was die wiederkehrenden Muster sind. Welche Teile immer nachgefragt sind. Welche Übungen gut funktionieren. Welche PowerPoint-Folien ich recyclen kann.
Mittlerweile biete ich Workshops in meinem Menü an. Und die Kund:innen lieben es! Statt nach Konzeptions- und Durchführungsstundensätze berechne ich Preise nach Paket. Das ist transparent für die Auftraggeberseite und lukrativ für mich.
Falls es noch nicht deutlich genug geworden ist: Das ist keine Vorgehensweise, die du machen kannst, wenn du neu im Business bist. Du brauchst die Erfahrung, um ein sinnvolles Workshoppaket schnüren zu können. ABER diese Erfahrung kann auch aus Dienstleistung, Beratung oder Coaching kommen. Oder Supportanfragen rund um ein Produkt. Oder oder oder…
Deshalb bin ich der Meinung: Auch wenn du mit Workshops gerade erst neu anfängst – solange du Expertise in deinem Thema hast, kannst du direkt mit Workshoppaketen loslegen, statt nur auf Zuruf neue Konzepte zu entwickeln.