Was ist der Unterschied, ob ich mir eine Packung Haarfarbe im Drogeriemarkt kaufe, oder zum Färben einen Termin bei meiner Friseurin ausmache? Nun, als erstes fällt euch wahrscheinlich der Preis ein. Außerdem mache ich mir selber die Finger und Schläfen nicht schmutzig, wenn meine Friseurin das Färben übernimmt, sondern kann mich zurücklehnen: Bequemlichkeit und Komfort. Und, um ehrlich zu sein. DIe Qualität des Ergebnisses wird sicher auch besser.
Auf einen Unterschied will ich noch hinaus: die Beratung. Bei der 8€-Haarfarbe bin ich nicht nur beim Auftragen der Farbe auf mich allein gestellt – auch die Auswahl ist meine eigene Sache. Die Verkäuferin im DM wird wohl kaum intervenieren, wenn „KĂĽhles Schokokaramell“ nicht zu meinem Teint passt. Meine Friseurin hingegen wird es als Teil ihres Berufs-Ethos sehen, mich auf sowas hinzuweisen. Oder dass meine Haare zu geschädigt sind fĂĽr eine intensive Aufhellung. Oder dass die von mir gewĂĽnschten Blocksträhnen nicht zum geäuĂźerten Wunsch nach unkompliziertem Herauswachsen passen.
Beratung als Basis fĂĽr einen guten Workshop
Eine gute Friseurin wird Nein sagen, wenn mein Wunsch nicht zu den Rahmenbedingungen passt. Und genau das ist auch dein Job, wenn du Workshops verkaufst.
An anderer Stelle in diesem Blog haben wir schon darĂĽber gesprochen, warum es Quatsch ist, einfach nur „ich biete Workshops an, kommen Sie einfach auf mich zu!“ auf die Website zu schreiben. Stattdessen wollen wir proaktiv eigene Konzepte entwickeln und eine Art „MenĂĽ“ anbieten.
Ein Grund dafĂĽr ist, dass Auftraggeber:innen in spe oft nicht genau wissen, was sie wollen. Sie haben den Auftrag, eine Referent:in fĂĽr eine Fach-Schulung zu organisieren, ohne selber so viel Ahnung vom Thema zu haben. Oder sie haben ein grobes Thema („Unsere Mitglieder wollen sich zu Social Media fortbilden“) und Spielraum in der Gastaltung. Oder sie kennen nur ihr Problem („Wir brauchen einen Workshop, um unsere Teamkommunikation zu verbessern“) und noch nicht die Lösung.
In dem Fall sind die Anfragenden dankbar fĂĽr eine Auswahl.
Manchmal kommen sie aber auf euch zu, und haben schon eine ganz bestimmte Vorstellung im Kopf. Oder sie handeln im Auftrag und bringen eine Wunschliste mit. Und nun kommt euer Job ins Spiel: Die Beratung.
Nicht jeder Wunsch lässt sich in einen guten Workshop verpacken
Euer Ziel ist es, einen guten Workshop zu machen, in dem die Teilnehmenden ihre Lernziele erreichen und mit einem Ergebnis nach Hause gehen. (Oder den Zoom-Raum verlassen.) Und diese Konzeption liegt in eurer Hand. Genau wie meine Friseurin mir davon abraten wĂĽrde, meine Haare auf Platinblond zu färben, mĂĽsst auch ihr klare Grenzen ziehen und „Nein“ sagen – auch wenn es schwer fällt. Im besten Fall könnt ihr das Nein begrĂĽnden und gleich einen Gegenvorschlag machen. Die Friseurin wĂĽrde sagen: Erstmal nur blonde Strähnen, statt ganz blondieren. Lieber ein warmer als ein kĂĽhler Braunton. Ihr wĂĽrdet vielleicht vorschlagen: Lieber nur auf dieses Thema konzentrieren, statt ein Potpourri. Lieber den Workshop in einen Teil fĂĽr Anfänger und einen fĂĽr Fortgeschrittene aufteilen. Lieber erstmal ein Coaching machen, statt einen Workshop.
Ich verstehe, dass ihr Angst davor haben könntet, dass die Auftraggeberin mit eurem Nein und dem alternativen Vorschlag nicht zufrieden ist. Und ja, ich will nicht leugnen, dass es sein kann, dass euch dadurch der Auftrag durch die Lappen geht. Aber zum einen hilft Ehrlichkeit und gute Beratung langfristig für den Beziehungsaufbau. Und zum anderen: Was wäre die Alternative? Ihr versucht, ein dutzend Programmpunkte in einen Kurzworkshop zu quetschen? Ihr macht widerwillig einen Workshop für Anfänger, obwohl ihr eigentlich viel mehr Spaß an der Arbeit mit Fortgeschrittenen habt? Ihr macht einen Workshop über Teamkommunikation, wenn ihr eigentlich spürt, dass es im Team einen Wertekonflikt gibt, der der wahre Grund für die Kommunikationsprobleme sind? Damit werdet ihr keinen guten Job machen.
Also sagt lieber rechtzeitig Nein, nehmt euch die Zeit für die Beratung – und macht alle Parteien happy.